Universität KonstanzExzellenzcluster: Kulturelle Grundlagen von Integration

Glaubenskämpfern auf der Spur

19. Februar 2008

„Für den Glauben sterben, für den Glauben töten“ – wer dies heute hört, denkt spontan an muslimische Extremisten. Das Konzept geht jedoch auf vor-islamische Zeiten zurück und fand mit den beiden ersten Makkabäer-Büchern bereits Eingang in das Alte Testament. Wie diese in der christlich-abendländischen und – viel später – in der jüdischen Kultur rezipiert wurden, untersucht eine Tagung im Kloster Weingarten vom 28. Februar bis 1. März, die Prof. Dr. Gabriela Signori vom Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“ organisiert.

Konstanz, 19. 2. 2008: „Denn wir wollen lieber im Kampf fallen als zusehen, wie Unglück über unser Volk und über das Heiligtum kommt.“ (1 Makk 3,59) Mit diesem Appell richtet sich Judas, genannt der Makkabäer, an seine Mitstreiter kurz vor einem der Kämpfe gegen die Seleuziden. Diese hatten unter König Antiochus Epiphanes den Tempel entweiht und versuchten in Folge, dem jüdischen Volk griechische Lebensart aufzuzwingen.

Interessanterweise wurde keines der beiden Makkabäer-Bücher in den jüdischen Kanon der Heiligen Schriften aufgenommen. Vielmehr eigneten sich Christen diese jüdische Heldengeschichte an und überlieferten sie weiter. Die Anfänge der Makkabäer-Verehrung reichen ins ausgehende 4. Jahrhundert nach Christus in Kleinasien zurück, von wo aus sie sich rasch über Antiochia, Konstantinopel und Rom bis nach Mitteleuropa ausbreitete. Anfangs gründete sie vor allem auf einer Episode, in der jener König Antiochus u.a. eine Mutter und ihre sieben Söhne grausam zu Tode martern ließ, weil sie seiner Weisung Widerstand leisteten, um Gottes Gebot nicht zu übertreten. Bis ins späte Mittelalter (und darüber hinaus) wurden sie dafür als Prototypen des christlichen Märtyrers verehrt.

„Im Zeitalter des Investiturstreits kündigt sich eine neue, eine andere Lektüre der Makkabäer-Bücher an, eine Lektüre, die sich am religiösen Eifer von Mattathias und seinen Söhnen ein Vorbild nimmt, die für das Gesetz und gegen den König zu den Waffen gegriffen hatten,“ erklärt Gabriela Signori. „Dieser Lektüre der Makkabäer-Bücher sollte nicht nur in den späteren Reformbewegungen, sondern auch in der politischen Theorie der frühen Neuzeit eine große Zukunft beschieden sein.“

Statt als Märtyrer wurden Judas, der Makkabäer, und seine Brüder als heldenhafte Glaubenskämpfer bewundert. Die geistliche und weltliche Führerschicht des Mittelalters verwendete gerne die Heilige Schrift, um ihren Forderungen und Handlungen Nachdruck zu verleihen. So verwundert es nicht, dass die Makkabäer mit dem Aufkommen der Kreuzzüge neue Prominenz erhielten. Ihrem Beispiel solle man folgen – so lauteten viele Appelle der päpstlichen Kreuzzugspropaganda des späten 11. und beginnenden 12. Jahrhunderts – und für den Glauben kämpfen, ja bereit sein, für ihn zu sterben.

Inzwischen haben sich die Vorzeichen geändert. Die radikale Bereitschaft, für den Glauben zu töten und zu sterben, löst heute in der westlichen Welt Befremden, Unverständnis, Schrecken aus. Deshalb lohnt gerade jetzt wieder der Blick auf jene kompromisslosen Glaubenskämpfer, wie ihn die Tagung „Für den Glauben sterben, für den Glauben töten. Alttestamentliche Glaubenskrieger (Makk 1 und 2) in fach- und zeitübergreifender Perspektive“ vom 28. Februar bis 1. März im Kloster Weingarten vornimmt. Aufgerollt wird die Wirkungsgeschichte der Makkabäer-Bücher von der Antike bis heute. Die Vortragenden aus dem In- und Ausland beleuchten das Thema von vielen verschiedenen Seiten – aus der Perspektive der Geschichts-, Politik- und Religionswissenschaften, der Judaistik und Germanistik.

Der Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“ veranstaltet die Tagung in Zusammenarbeit mit der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Tagungsprogramm (Download, PDF)

Anmeldung und weitere Informationen zur Tagung

Kerstin Hopfensitz M.A., Referatsassistenz
Referat Geschichte
Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Im Schellenkönig 61
D-70184 Stuttgart
Tel. +49 (0) 711/1640-752
Fax +49 (0) 711/1640-852
E-Mail hopfensitz[at]akademie-rs.de


Kontakt

Sigrid Elmer (Elternzeitvertretung für Claudia Marion Voigtmann)
Tel. 07531 88-4741
E-Mail sigrid.elmer[at]uni-konstanz.de